Anneliese Kuhk - Texte

Einflüsse auf das künstlerische Schaffen von Anneliese Kuhk

 

Ein Mentor in Anneliese Kuhks frühen Jahren war der Kunsthistoriker, Kunstkritiker und Autor Will Grohmann. Als sie die Kunstgewerbeschule in Stettin besuchte, hatte er einen Kreis interessierter Studenten um sich geschart und sie an die Gegenwartskunst herangeführt. Er weckte bei ihnen Interesse für die abstrakte Kunst und interpretierte die Bilder der Expressionisten, der Brücke-Maler und die Werke der Künstler des Bauhauses. Er sprach über die Kunststile und über einzelne Künstler und deren Werke. Auch mit Paul Reissert (1907-1975) verband sie eine Freundschaft. Er war Künstler und beschäftigte sich mit konstruktivistischen Collagen. Er übersetzte verschiedener Bücher aus dem Russischen. Ferner besaßen zwei Frauen einen großen Einfluss auf Kuhkis künstlerisches Schaffen, mit denen sie befreundet war: Die surrealistische Schriftstellerin und Zeichnerin Unica Zürn und die Dadaistin Hannah Höch. Mit Unica Zürn (1916-1970) war Kuki schon seit den frühen 40er Jahren befreundet. Sie lernten sich durch Kukis Freund und späteren Ehemann Walter Lüdtke kennen. Er war Kameramann bei der UfA und dort arbeitete auch Unica Zürn als Sekretärin, Archivarin und als Dramaturgin für Werbefilme. Unica lernte nach ihrer gescheiterten ersten Ehe 1953 den Künstler Hans Bellmer kennen, mit dem sie eine Liebesbeziehung einging und dem sie nach Paris folgte. Ihre beiden Kinder ließ sie in Berlin zurück. Sie verfasste hoch gelobte Anagramme und fing an zu zeichnen. Ab 1953 wurden ihre Zeichnungen in Paris ausgestellt. Seit 1957 unterhielt sie enge Kontakte zu den Pariser Surrealisten* Hans Arp, André Breton, Marcel Duchamp und Max Ernst. Unica Zürn begann mit der Arbeit an surrealistischen Prosastücken. 1959 nahm sie in der Abteilung Graphik an der documenta II in Kassel teil als eine von 16 Künstlerinnen. In den 60iger Jahren brach bei ihr eine paranoide Schizophrenie aus, sodass sie von 1961-1963 sich in einer psychiatrischen Klinik in Paris aufhielt. Es folgen in den nächsten Jahren immer wieder Krankenhaus-Aufenthalte. 1967 hatte sie mit Hans Bellmer zusammen in Hannover ihre größte Ausstellung in Deutschland. 1970 nach einem erneuten Klinikaufenthalt besserte sich ihr Zustand merklich. Aber als sie beurlaubt nach Hause zurückkehrte, beging sie Selbstmord, indem sie sich aus einem Fenster der Wohnung Hans Bellmers zu Tode stürzte.

*Der Begriff Surrealismus kommt aus dem Französischen. "Sur" bedeutet "über" und "réalisme" steht für "Realität". Guillaume Apollinaire verwendet den Namen für eine künstlerische Richtung, die auf das Surreale, das Überwirkliche zielt.


Mit Hannah Höch, (1889-1978), die 23 Jahre älter war, verband Kuki eine Freundschaft, die nicht über das Stadium des "Siezens" hinausging. Hannah Höch war damals schon eine angesehene Künstlerin, während Kuki in den 50er Jahren gerade mit ihrem bildnerischen Gestalten begann. Hannah Höch war Dadaistin. Dadaismus war eine künstlerische und literarische Bewegung, die 1916 in Zürich aufkam. Zu der Gruppe gehörten Hugo Ball, Tristan Tzara, Richard Huelsenbeck, Marcel Janco und Hans Arp. Sie lehnten sich gegen den konventionellen Kunstbetrieb und übertriebene bürgerliche Ideale auf, indem sie diese oft parodierten. Dada ist eine Antikunst, die unklassifizierbar ist.
Hannah Höch hatte 1914 /16 Raoul Hausmann an der Unterrichtanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin kennen gelernt. Mit ihm zusammen entwickelte sie stilistisch die Fotomontage, die dann schnell von Künstlern wie Georg Grosz, John Hartfield und Johannes Baader aufgegriffen wurde. Raoul Hausmann und Hannah Höch nahmen an dadaistischen Zirkeln, an der ersten Dada-Messe und an den jährlichen Ausstellungen der Novembergruppe teil. Auch reisten sie zu den Prager Dadaisten. Hannah Höch war befreundet mit Kurt Schwitters und Hans Arp. Es folgen Assamblagen aus vorgefundenen Objekten. 1932 kehrt sie nach Berlin zurück und war entsetzt über den wachsenden Einfluss des Nationalsozialismus. 1933-1945 galt Hannah Höch als entartete Künstlerin und hatte Ausstellungsverbot.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist sie eine der Ersten, die aktiv das künstlerische Leben Berlins gestaltet und dazu beiträgt die Kunst in Deutschland wieder aufzurichten. Sie schafft in den 50iger und 60iger Jahren eine große Folge hochgeschätzter Farbcollagen, in denen die Wirklichkeit ironischfantastisch verwandelt erscheint. 1965 wurde sie an die Akademie der Künste in Berlin berufen.
Es existiert ein Schriftwechsel zwischen Hannah Höch und Anneliese Kuhk.